
Les Éléments
Sonnabend, 29. März 2025 um 19:30 Uhr
€18,00
„Les Éléments“ von Jean-Féry Rebel & André Cardinal Destouches
Am Anfang war das Chaos – ein musikalischer Urknall, den Jean-Féry Rebel in seinem Werk Les Elémens mit kühnen, fast modern anmutenden Klängen einfängt. Die Tänzerin Eleonora Fabrizi wird dieses klanggewaltige Naturereignis mit ausdrucksstarker Choreografie zum Leben erwecken.
Auch André Cardinal Destouches widmete sich in seiner Vertonung der vier Elemente dem Zusammenspiel von Erde, Wasser, Luft und Feuer. In dieser Aufführung wird das Werk durch rezitierte Texte ergänzt, vorgetragen von der Münchner Schauspielerin Sophie Wendt, die seine poetische Dimension unterstreichen. Dazu interpretiert Ulrike Folch-Bönisch zwei Arien aus Destouches‘ Werk: als Juno beschwichtigt sie die Winde, und als Amor lädt sie zum Freudenfest.
Lassen Sie sich von Musik, Tanz, Wort und Gesang in die Ursprünge der Schöpfung entführen!
Ihr Kammerorchester St. Anna Bardenfleth
Leitung: Thomas Bönisch
Eintritt: 18,00 Euro, Kinder und Jugendliche frei
Das Konzert wird am Sonntag, 30. März in der Bloherfelder Kirche um 17:00 wiederholt.
Das Programmheft – zur weiterführenden Information:
André Cardinal Destouches – Ein Meister der französischen Barockoper
André Cardinal Destouches (1672–1749) war einer der prägenden Komponisten der französischen Barockmusik. Ursprünglich für eine militärische Laufbahn vorgesehen, entdeckte er auf einer Orientreise seine Leidenschaft für Musik. Zurück in Frankreich wurde er Schüler von Jean-Baptiste Lully und prägte das Genre der tragédie lyrique und des opéra-ballet mit Werken wie Callirhoé (1712) und Les Élémens (1721). Als langjähriger Inspektor der königlichen Musik trug er maßgeblich zur Weiterentwicklung der französischen Oper nach Lullys Tod bei.
Ludwig XV. und Les Élémens – Ein musikalischer Kosmos
Das Opéra-ballet Les Élémens wurde 1721 von Destouches und Michel-Richard de Lalande (1657–1726) komponiert, wobei Lalandes Beitrag zunehmend in Vergessenheit geriet. Die Uraufführung fand am 31. Dezember 1721 am Hof statt, mit dem jungen Ludwig XV. selbst als Mitwirkendem. Musik und Tanz waren wesentliche Bestandteile der königlichen Erziehung und dienten der symbolischen Darstellung von Ordnung und Harmonie. Erste Reaktionen waren allerdings verhalten, wie Destouches Jahre später selber in einem Brief schreibt: „Dieses Ballett hatte bei seiner Geburt nicht den von uns erhofften Erfolg. Man fand es zu lang und zu ernst. Es wurde von jungen Höflingen getanzt, deren Talent alles andere als erstklassig war. Das Publikum war genervt und die Autoren versanken im Boden.“ Dennoch erfuhr das Werk ab 1725 eine große Wertschätzung, insbesondre durch seine wiederholten Aufführungen bei den Musiksalons von Königin Marie Leczinska, so dass es sogar in den Rang eines Nationalerbes erhoben wurde.
Les Élémens spiegelt die barocke Vorstellung einer harmonischen Beziehung zwischen den Elementen wider. In vier Akten werden Erde, Wasser, Luft und Feuer musikalisch dargestellt und in mythologische Erzählungen eingebunden.
Inhalt
Prolog: Das Chaos ordnet sich
Wolken, Felsen, Gewässer und feuerspeiende Vulkane formen das ursprüngliche Chaos. Das Schicksal trennt die Elemente und weist ihnen ihre göttlichen Herrscher zu. Venus bemerkt, dass Amor vergessen wurde. Doch das Schicksal beruhigt sie: Amor herrscht uneingeschränkt über die ganze Welt und bedarf keines eigenen Reiches.
Erster Akt: Luft
Obwohl Ixion, König der Lapither, einen heimtückischen Mord beging, erbarmt sich Jupiter seiner und erhebt ihn in den Olymp als künftigen Minister der Lüfte. Dort verliebt sich Ixion in Jupiters Gattin Juno. Juno, verletzt durch Jupiters Untreue, bleibt von Ixions Werbung nicht unberührt. Doch Jupiter bemerkt die Avancen und täuscht Ixion mit einem Trugbild: Er lässt ihn eine Wolke in Junos Gestalt umarmen und stürzt ihn daraufhin in den Tartarus.
Zweiter Akt: Wasser
Der berühmte Sänger Arion wird von habgierigen Matrosen, die sich an seiner Siegprämie aus einem Sängerwettstreit vergreifen wollen, über Bord geworfen. Neptun rettet ihn und offenbart ihm eine erstaunliche Wahrheit: Er ist Arions Vater. Als Zeichen seiner Freude verspricht Neptun ihm ein glückliches Leben in der Unterwasserwelt und vermählt ihn mit der Sirene Leukosia, deren Liebe und Gesang ihn für immer umfangen sollen.
Dritter Akt: Feuer
Die Vestalin Emilia ist für die Bewachung des heiligen Feuers im Tempel der Vesta verantwortlich. Doch sie bricht ihr Keuschheitsgelübde, verbringt eine Nacht mit ihrem Geliebten Valerius – und das Feuer erlischt. Emilia erwartet ihre tödliche Strafe, doch Amor erscheint mit einer Fackel, entzündet das Feuer neu und erklärt, dass er als Gott der Liebe die Verantwortung für ihre Tat trage.
Vierter Akt: Erde
Pomona, eine hingebungsvolle Gärtnerin, liebt ihre Pflanzen mehr als Männer und verbietet ihnen den Zutritt zu ihrem Garten. Doch der Vegetationsgott Vertumnus liebt sie und versucht, sich ihr in verschiedenen Gestalten zu nähern – erfolglos. Erst als er sich als alte Frau ausgibt und ihr eine Geschichte über die Folgen von Hartherzigkeit erzählt, beginnt Pomona, ihre Haltung zu überdenken.
In dieser Aufführung von Les Élémens möchten wir in Form rezitierter Zwischentexte, vorgetragen von Sophie Wendt, einen modernen Bezug zu den vier klassischen Elementen herstellen, die in Destouches’ Werk personifiziert werden. Heute, im Angesicht der globalen Klimakrise, erscheinen die Naturgewalten, die Destouches in seiner Oper als allegorische Figuren darstellt, in einem neuen Licht. Die Elemente – Feuer, Wasser, Luft und Erde – sind nicht mehr nur Symbole für die Schöpfung, sondern auch für die Herausforderungen, denen wir uns durch den Klimawandel gegenübersehen.
Lassen Sie sich überraschen!
Jean-Féry Rebel – Ein Revolutionär der französischen Musik
Jean-Féry Rebel (1666-1747) zählt zu den innovativsten Komponisten des 18. Jahrhunderts. Schon mit seinen ersten veröffentlichten Werken betrat der 1666 als Sohn eines Sängers und Tänzers geborene Komponist Neuland. Durch seine 1705 und 1712 erschienenen Sonatensammlungen gilt Rebel als einer der Pioniere der französischen Violinmusik. Nachdem er mit einer Oper („Ulysse“) erfolglos geblieben war, widmete er sich einer neuen Gattung, der „Tanz-Sinfonie“, bei der zum ersten Mal außerhalb einer Oper eine choreographierte Folge von Suitensätzen erscheint. Sein letztes Werk, Les Éléments (1737), gehört zu den kühnsten musikalischen Experimenten seiner Zeit.
Wie Destouches greift Rebel in Les Éléments das Motiv des Chaos und der vier Elemente auf. Der Prolog Le Chaos stellt musikalisch den Urzustand der Welt dar. Kompositorisch illustriert Rebel diesen „Urknall“ mit einem Cluster, bei dem wohl erstmalig in der Musikgeschichte alle Töne einer Tonleiter gleichzeitig gespielt werden. Im weiteren Verlauf des Chaos-Satzes ordnet Rebel jedem der vier Elemente – Wasser, Feuer, Erde und Luft – ein unterschiedlich instrumentiertes Motiv zu. Auch in den anschließenden Tanzsätzen erscheinen die vier Elemente als programmatische Überschriften, etwa in der mit „Wasser und Erde“ betitelten Loure oder der Chaconne mit „Feuer“.
Das Naturverständnis, das Rebel hier zum Ausdruck bringt, wurzelt in antiken Vorstellungen zur Weltentstehung, insbesondere könnte Hesiods (740-670 v.Chr.) Theogonie ihn inspiriert haben. Dort heißt es: „Man meinte mit Augen zu sehen und den Lärm mit Ohren zu hören, gerade wie wenn die Erde und der weite Himmel darüber zusammenstürzten.“ Zugleich zeigt sich seine Verankerung im Denken der Aufklärung: Chaotisch hatten die Elemente gewirkt, bevor sie den Platz bezogen, den ihnen die unveränderlichen Gesetze der Natur vorschrieben.
Die Uraufführung dieser Symphonie Nouvelle am 27. September 1737 in der Académie Royale unter Mitwirkung der berühmtesten Tänzer jener Zeit – zunächst noch ohne den Prolog Chaos – wurde begeistert aufgenommen. Der Mercure de France schrieb 1737: „Dieses Divertissement, das sehr gut ausgeführt wurde und viel Beifall bekam, erzeugte eine außerordentliche Wirkung mit einer Ausstattung, die jedes der vier Elemente charakterisierte.“ Bei der Wiederaufnahme im März 1738 führte Rebel das vollständige Werk mit dem „Chaos“ betitelten Prolog auf. Es spricht für die Offenheit des Pariser Publikums, dass es sich von Rebels avantgardistischen Experimenten offenbar keineswegs geschockt zeigte. „Chaos von Herrn Rebel ist eines der schönsten Instrumentalstücke dieser Art und fand bei den Kennern die größte Zustimmung“ schrieb im März 1738 der „Mercure de France“
Eine Neuinterpretation des begleitenden Tanzes wird Ihnen bei unserem Konzert Eleonora Fabrizi darbieten. Wer weiß, vielleicht findet sich der eine oder andere kleine Verweis in Richtung der einst strengen, barocken Tanzchoreographie.